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DON JUAN
EIN PSYCHOANALYTISCHES ESSAY

DEVID KESLER

Am besten gefiel es ihm in Italien. Da war es warm. Die Italienerinnen waren lustig, und sie wehrten sich auch in einer komischen Art. Die italienischen Bräute enttäuschten Don Juan aber. Sie waren fast ausnahmslos keine Jungfrauen mehr. Vielleicht ist es in Italien so üblich, dachte Don Juan. Zum Glück gab es viele Klöster. Die Nonnen waren fromm und es machte ihm Spaß, sie zu vergewaltigen. In einem Kloster bat eine Nonne die heilige Jungfrau um Vergebung ihrer Sünde, bevor Don Juan sie vergewaltigen wollte. Sie sah so unglücklich aus, dass er schon fortgehen wollte. Plötzlich warf sie wie eine Furie ihre Kutte ab und stürzte sich nackt auf Don Juan.

" Schlag mich, schlag mich, ich bin sündig und hatte immer schon sündige Gedanken!" schrie sie.
Don Juan spuckte vor ihr lachend auf den Fußboden und verließ sie unberührt. Aber im Flur erwarteten ihn eine Menge nackter Nonnen. Er mußte sich gerade noch vor ihnen aus dem Fenster retten begleitet von einer Menge italienischer Schimpfwörter.

Mittlerweile war die Liste von Don Juans Liebesaffären ins Unendliche angewachsen. Da gab es aber nur Frauennamen, nie Männernamen. Wie früher mieden ihn die Männer. Einige von ihnen hielten Don Juan für übertrieben männlich, andere für zu wenig fraulich. Don Juan wusste, dass sie sich irrten, aber er wollte ihnen nicht die Wahrheit erklären.
In seiner Wohnung fühlte er sich einsam, verfluchte sein unglückliches Schicksal und weinte still vor sich hin. Er hatte schon vor, die Jungfrau Maria und den heiligen Valentin um ihre Hilfe anzugehen. Aber diese Gedanken verwarf er. Schon seit vielen Jahren schrieb er Briefe an sich selbst, in denen er seine Liebesgeschichten beschrieb. Die Briefe enthielten keine unanständigen Einzelheiten, er wollte kein Lehrbuch über die Verführung der Frauen schreiben. Dafür war er nicht ehrgeizig genug. Die Briefe enthielten nur die Namen der Frauen, was sie vor- und nachher gesagt, ob sie sich widersetzt oder alles freiwillig gemacht hatten, wie er selbst vorgegangen war, um seine Ziele zu erreichen. In einem Post Scriptum zu einem Brief schrieb er:
"Warum hat mich niemand gefragt, ob ich auf Frauen oder auf Männer stehe? Ich hätte ganz ehrlich geantwortet. Das würde mein Leben einfacher gemacht haben. Aber keiner fragte mich danach".
Er las jedoch an ihn gerichtete Briefe nicht, weil ihm das unwichtig schien.
Die sieben Jahre seiner Vertreibung gingen wie im Fluge vorbei. Endlich konnte er nach Spanien zurückkehren, wo sich nichts verändert hatte. Das Leben, die Frauen, die Häuser, das Wetter waren wie früher, so als ob die sieben Jahren nicht vorbei wären.



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