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DON JUAN
EIN PSYCHOANALYTISCHES ESSAY

DEVID KESLER

Da der Richter nicht wusste, wie er entscheiden solle, bezog er eine Mittelposition. Don Juan wurde zu einer siebenjährigen Vertreibung aus Spanien verurteilt.
Es kamen viele Frauen, um den Vertriebenen zu begleiten. Die weißen Kleider der Bräute vermischten sich mit den schwarzen Kutten der Nonnen. Es gab eine Menge rosafarbener Blumen (rote und weiße hätten in diesem Fall nicht gepasst). Die Frauen gaben Don Juan viel Wein und Pasteten mit auf die Reise. Passanten fragten sich erstaunt, woher wohl diese Menschenmenge käme.
" Vielleicht hat man einen neuen Krieg mit den Sarazenen begonnen," vermuteten einige.
"Das kann nicht sein. Da sind viele Frauen und nur ein Mann," erwiderten andere.
Wieder andere überlegten: " Heutzutage ist alles möglich. Eventuell verpflichtet man sogar Frauen zum Militärdienst."
Ohne eine Antwort auf ihre Fragen zu bekommen, gingen sie schließlich ihrer Wege.

Das erste Land, in das Don Juan kam, war Frankreich. Er war entrüstet über das Gehabe am französischen Königshof. So viele untreue Frauen wie dort hatte er weder in Salamanca noch in Sevilla getroffen. Nach einigen kurzen Beziehungen zu vornehmen Damen hatte er erkannt, dass es ihm keinen Spaß mache; denn die Frauen machten alles freiwillig, leisteten keinen Widerstand und vergewaltigten ihn sogar mehr oder weniger. Nicht besser waren einfache Französinnen. Enttäuscht fuhr er schließlich zu einem entfernten Kloster. Zu seiner Überraschung fand er da nur Mädchen aus vornehmen Familien. Wegen seiner strengen Moralprinzipien beschloss er: Nur ab sechzehn Jahren! Äbtissinnen und einfache Nonnen musste er nicht einmal vergewaltigen. Er musste aber feststellen, dass Französinnen beim Liebesspiel viel interessanter und phantasievoller waren als Spanierinnen. Nur in Frankreich erfuhr er, dass das Zusammensein mit Frauen auch schön sein konnte. Er brauchte sein autogenes Training jetzt nur noch seltener betreiben als früher.

Von Frankreich fuhr Don Juan nach Deutschland. Dort fand er eine ganz andere Welt vor. Obwohl er den dortigen Damen beweisen konnte, dass die spanische Liebe viel besser als die Liebe der teutonischen Ritter sei, war er doch empört über die Rationalität der deutschen Frauen. Eine von ihnen sagte ihm beispielsweise, dass sie ihren Mann durchaus betrügen würde, aber das mache sie nur mittwochs und samstags von neunzehn bis zwanzig Uhr. In Deutschland ginge nun mal alles nach System. Eine andere Dame verlangte, Don Juan solle die Augen mit ihrem Büstenhalter verbinden, damit er nicht sähe, mit wem er Liebe pflege. Das war für Don Juan alles ekelhaft, und er vergewaltigte die beiden Frauen voller Abscheu, ohne ihre Wünsche zu erfühlen. Er musste allerdings in beiden Fällen aus dem Fenster springen, um sich vor den wütenden Ehemännern zu retten, erkältete sich schließlich und hatte einen ganzen Monat lang das Bett zu hüten.



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