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DON JUAN
EIN PSYCHOANALYTISCHES ESSAY
DEVID KESLER
Die Universität war durch ihre freie Einstellung berühmt.
Die Studenten dachten mehr an Frauen als ans Studieren.
Eifersüchtige Ehemänner versteckten ihre Frauen von ihnen,
die treuesten Anhänger der Kreuzzüge zogen ihren Ehefrauen
Keuschheitsgürtel an. Don Juan interessierte das alles
nicht. Er lernte emsig und verbrachte viel Zeit in der
Bibliothek. Die Lehrer waren erfreut über seinen Ehrgeiz
und prophezeiten ihm eine glänzende Zukunft. Trotzdem war
Don Juan unglücklich und fühlte sich einsam wie früher.
Seine Kameraden brüsteten sich mit ihren Erfolgen bei
Frauen, wunderten sich über ihn und belächelten ihn, weil
er keine Geliebte vorweisen konnte. Bei Gesprächen über
solche Geschichten wechselte Don Juan möglichst das Thema
und blieb somit unendlich einsam.
Eines Tages saß Don Juan in der Bibliothek und las eine
mathematische Abhandlung auf Arabisch. Er lernte diese
Sprache, um die Bücher im Original lesen zu können. Er war
mit Leib und Seele dabei, jedoch seinen Lehrer für Religion
und Philosophie beachtete er nicht. Dieser war noch jung.
Seine Vorlesungen waren jedoch sehr interessant und gut
besucht. Der Lehrer sagte, dass er viel über ihn gehört
habe und volle ihn gerne näher kennenlernen. Die
Unterhaltung war für die beiden sehr anregend und
interessant. Jeder hatte seine eigene Meinung und manchmal
führten sie regelrechte Streitgespräche.
" Warum gehen wir nicht zu mir?" fragte der
Lehrer. "Bei gutem Wein und leckerem Essen lässt es
sich besser reden. Meine Frau ist weggefahren. Wir werden
allein sein und niemand wird uns stören."
Anfangs fühlte sich Don Juan im Hause des Lehrers nicht
wohl, aber wegen des Weines und Liebreizes des Lehrers wurde
er lockerer. Sie unterhielten sich ganz zwanglos. Von
philosophischen Problemen gingen sie zu Alltags-Problemen
über. Der Lehrer fragte Don Juan, ob er eine Geliebte habe.
Don Juan antwortete, dass ihn Frauen nicht interessieren
würden. Plötzlich kam der Lehrer auf Don Juan zu und
küsste ihn auf den Mund. Dann... Sie können sich
vorstellen, was danach passierte. Als sich ihre Leidenschaft
dem Höhepunkt genähert hatte, betrat plötzlich die Frau
des Lehrers das Zimmer. Ganz überrascht sah sie die beiden
nackten männlichen Körper. Die Situation war kritisch. Man
musste etwas machen. Trotz der leidenschaftlichen Umarmung
des Lehrers, verlor Don Juan nicht den Kopf. Er sprang auf,
stürzte sich auf die Frau, ergriff sie, drückte sie auf
den Fußboden und nahm sie. Er machte das so gut, so
professionell, wie man kann sagen könnte, dass sich die
arme Frau zeitlebens sehnsüchtig an Don Juan erinnerte.
Zu Hause überdachte Don Juan die ihm widerfahrene
Situation. Er hielt es für unmöglich, weiter in Salamanca
zu bleiben. Die Frau seines Lehrers könne alles erzählen,
befürchtete er. Daher verließ er die Universität und fuhr
nach Sevilla.
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